Noch viel besser als erwartet
Einleitung
Vom 18. - 21. Mai fand die Junioren Schweizermeisterschaft im Streckenflug statt. Die Vorfreude war gross - auch wenn die Wetterprognosen nicht wirklich erfreulich waren. Da Rolf Friedli die Konkurrenzleitung übernahm, wussten wir alle im Voraus, dass diese JSM so oder so hammermässig wird :-)
Die meisten Teilnehmer, wie auch wir der SG Cumulus, David Roth, Manuel Hässig und ich, reisten schon am Donnerstagabend an. Pascal Zollikofer musste leider wegen dem Militär auf den ersten Wettbewerbstag verzichten.
Tag 1 - Jura oder Mittelland? Teil 1
Nach dem Eröffnungsbriefing mit allen wichtigen Informationen wurde endlich der erste Task, eine AAT Aufgabe, bekannt gegeben: Langenthal - Brugg - Trubschachen - Buttwil - Langenthal mit jeweils grossen Kreisen von ca 20km Radius. Da Simon und ich an der WM im Team fliegen möchten, wollen wir den Teamflug gleich richtig üben. Konzept hatten wir noch nicht wirklich eines, ausser dass wir auf den tückischen Jura verzichten und im Mittelland bleiben, da das Wetter zu unberechenbar war. Der Flug war eher mühsam. Nach dem Start machten wir einen kurzen Umweg zum AKW Gösgen, was sich aber nicht lohnte, da die Steigwerte bescheiden, und die Basis noch tiefer als sonst war. Wir kratzten den ersten Zylinder nur an. Beim Zweiten kam es leider dazu, dass ich einige Meter höher als Simon war - und dann noch den Anschluss in der Thermik besser erwischte. Die Differenz wurde noch grösser und wir entschieden uns, den engen Teamflug aufzulösen. Ich flog den Wolken nach Richtung Buttwil und auch fast bis zur Mitte, da ich ja nicht zu früh zurück sein wollte (2h Minimum). Trotz auflösender, ohnehin schwacher Thermik konnte ich gut die Endanflughöhe erreichen. Einen Schnitt von 74 km/h liessen mich keinen guten Tagesrang vermuten. Offenbar ging es den Kollegen jedoch gleich, und ich konnte doch noch den 2. Platz hinter David Leemann mit 83 km/h sichern. Unser Fazit vom Teamflug war: IMMER ganz eng zusammenbleiben. 50m vertikal ist schon fast zu viel. Auch horizontal sollte man gleichauf sein - sonst verliert man sich beim Aufspüren der Thermik nullkommaplötzlich. Aber die Kommunikation klappte mit viel reden schon recht gut!
Schön war auch, dass Kurt Herzog uns Cumulüssler am Wettbewerb besuchte.
Startaufstellung
Lockere Atmosphäre im Grid :)
Tag 2 - Wir fliegen trotzdem - und zwar schnell und durch den Regen!
Eigentlich sammelten wir schon Ideen was man so machen kann, wenn der Tag neutralisiert wird... Wandern? Kart fahren? Baden? Paintball? Die Antwort am Mittag war eine weitere AAT Aufgabe: Langenthal - Birrfeld - Steinhof - Beromünster - Langenthal.
Vor dem Start konnte man nicht wissen was einem erwarten wird. Wolken entstanden, und Wolken lösten sich auf. Das machte es nicht einfach eine gute Abfluglinie zu finden. Unser Entscheid, spät abzufliegen, ganz am westlichen Ende der Startlinie erwies sich als die Richtige Entscheidung: Eine Wolke auskurbeln, und danach war Wolkenstrassenfliegen angesagt wie an Hammertagen auf der schwäbischen Alb. Erst überholte uns David Roth und Pascal Zollikofer noch, sie flogen noch etwas später ab und hatten den noch einfacheren Einstieg. Simon und ich entschieden uns, unter der seeeehr dunkeln Wolken weiter zu fliegen und besser jetzt noch die nötigen Kilometer / Minuten zu holen, bevor sich das Ganze in einen Regenschleier verwandelt. Der Weg zurück zum zweiten Wendepunkt erwies sich als sehr einfach, am richtigen Ort unter der Strasse konnte man es richtig krachen lassen. Da der Schnitt unerwartet hoch ausfallen würde, flogen wir bis es wieder blau wurde, zur TMA Bern.
Kritischer und entscheidend war die zweite Linie wieder aufwärts: Auf unserem alten Flugweg lehrte sich die Wolke mächtig aus. Wir entschieden uns rechts entlang der Wolke zu fliegen, wo man notfalls in unbedecktes und sonniges Gebiet gleiten könnte. Erst sank es noch gewaltig. Aber dann machten wir eine wichtige, eigentlich logische Erfahrung: Es stieg nicht mehr am dunkelsten Ort unter der Wolke, sondern ganz aussen, geschätzte 1.5km entfernt vom Regenschauer. Das liegt wohl an der Luftmasse welche dort aufsteigen muss, weil sie vom Schauer heruntergedrückt wird. Wir kreisten kurz in mit 4m/s und gelitten im Steigen weiter. Wir trafen die zwei Cumulus Kollegen wieder an hier. Ob sie wohl schneller waren? Wir kehrten, sodass wir etwas mehr als die Minimalzeit erreichen würden - die Linie war ja wieder super.
Und jetzt kommts: Ich hatten den MC auf 3m/s eingestellt, 350m Reserve auf den Zylindermittelpunkt welcher auf 800m angesetzt war. Distanz: ca 15km. Normalerweise reicht das absolut bedenkenlos – auch bei grösserem Abwindfeldern. Zwischen uns und dem Ziel war eine gewaltige Regenwand. MC etwas raus und durch. Die fetten Tropfen klatschten an das Capot, sogar etwas Regen durch die Lüftung bekam ich ins Gesicht... alle Piloten meldeten enorm starkes Sinken - wie auch ich. Trotz denn sehr grosszügigen Reserven überflog ich die Ziellinie 25m zu tief. Alle Flugzeuge trudelten nun im starken Regen im Minutentakt ein. Immerhin wurden die Flugzeuge schon mal gereinigt... Wir regen uns nicht mehr zu lange über die unnötigen Strafpunkte auf - denn sonst hätten Simon und ich zusammen endlich den Tagessieg geholt! Stattdessen freuten wir uns über den 115km/h Schnitt im Teamflug, an einem Tag an dem nur der Konkurrenzleiter noch an fliegen dachte... Leider hatten wir kein Wasser im Flügel, sondern nur draussen. Man brauchts ja bekanntlich immer dann, wenn man keines geladen hat ;) Auch wieder einmal einen Flug, den man kaum vergessen kann, so intensiv war er. Hat Rolf wieder super gemacht mit der Aufgabe, eigentlich wollten wir auf den Weissenstein wandern – das machte aber deutlich mehr Spass
Auch heute schaute Patrik Fuchs der SGC noch bei uns vorbei. Schön ist das Interesse vorhanden!
Leider das einzige Foto der gesamten JSM vom Regenschauer, wir waren halt mit anderem beschäftigt.
Nach der Landung suchten wir Schutz von dem Regen unter der Tankstelle.
Tag 3 - Jura oder Mittelland? Teil 2
Kein einfacher Task heute. Die Zylinder vergrösserte Rolf noch so, sodass man die Möglichkeit hatte, den ersten Zylinder Richtung Südwesten entweder zwischen Grenchen und Bern anzukratzen, oder aber in den Jura fliegen konnte.
Wir trafen die Entscheidung, erst ins Mittelland zu fliegen, da die Basis sehr tief war und nur knapp über die Kreten reichte. 12km nach dem ohnehin schon späten Start mussten wir feststellen, dass wir kaum Steigen finden würden im Wettbewerbsgebiet. Also nochmals zurück kraxeln. Wieder hinter der Startlinie flogen wir nun Richtung Jura. Wir kamen gerade noch knapp über der Krete an. Gestiegen ist es nicht so wie es ausgesehen hat. Wir flogen nun unter der Krete entlang dem Jura auf der Flachlandseite - um immer ins Flache ausweichen zu können. Es lief nicht wirklich. Im Geradeseausflug schien man besser zu steigen als beim Kreisen... irgendwie schafften wir es sogar auch wieder zurück... Positiv waren wir jedoch nicht gestimmt mit unserem Schnitt. Wir dachten, alle seien bestimmt schneller geflogen als wir, da wir als Letze losflogen. Nicht nur rundum, sondern endlich holten Simon und ich die ersten beiden Plätze mit 74km/h! Wasser brauchte man heute natürlich nicht... aber nach dem Flug vom vorherigen Tag wollten wir ja nichts mehr dem Zufall überlassen ;)
Pascal’s Lama durfte zum Glück erst in Langenthal wieder grasen…
Eine JSM ohne Modellflugcrashs ist keine JSM…
Tag 4 - Selektion durch den Jura
Eigentlich wollte uns Rolf Friedli am letzten Tag nicht unbedingt in die Luft schicken und viele Aussenlandungen riskieren... Ehrlich gesagt, Simon und ich wären damit mit dem Zwischenrang 1 und 2 völlig zufrieden gewesen. Aber wir machen es ja zum Spass (und das macht es wirklich!!) und entschieden uns noch um 15:00 zu starten. Vom Südwesten her nahten hohe Wolkenfelder und dadurch keine Cumulis - im Nordosten, welcher noch nicht von der Abdeckung eingeholt war, hatte es ganz üppige, knackige Cumulis. Dadurch hatten es wir alsi die Erstgeschleppten ausnahmsweise einfacher den Anschluss zu finden. Simon und ich, sowie Nico, Mike und David Leemann entschieden uns möglichst gleich nach der Startlinieneröffnung den Abflug zu wagen. Zu grosse Bedenken hatten wir vor der Ausbreitung im Jura. Der Einstieg in den Jura verlief ganz passabel - ab dem Weissenstein sogar richtig gut! Auf der zweiten Krete waren zwei verschieden hohe Wolkenbasen zu sehen. Konvergenz? Weiss ich ehrlich gesagt nicht wirklich. Aber es stieg sehr angenehm im Geradeausflug. Mit dem Rückenwind ergab sich einen Schnitt deutlich über 100km/h, also entschieden wir uns, bis mindestens zum Chasseral zu fliegen. Auch dort konnten wir schnell Strecke machen. Beim Zurückfliegen meinte es der Chasseral nicht mehr so gut mit uns: Simon musste Richtung Flachland ausweichen, ich konnte noch die Krete überqueren und versuchte die gleiche Linie zurückzufliegen. Erst stank es nur, die "Konvergenz" schien schon an Stärke verloren zu haben. Trotzdem konnte ich noch einen Bart auskurbeln, welcher auch ganz angenehm stiegt bis ich unter der tieferen Basis wieder zurückfliegen konnte. Sven Sprunger im W6 folgte mir - immerhin war ich nicht alleine unter der schwarzen Decke. Anschliessend glitt ich ins Mittelland in den letzten Zylinder. Mit 2m/s ging es angenehm nach oben. Obwohl es bereits nach Hause gereicht hätte, kurbelte ich die Thermik bewusst bis ganz oben aus, um den letzten Zylinder mit durchschnittlichem MC-Wert auszufliegen. Einen zu tiefen Ziellinienüberflug wollte ich auch nicht riskieren... Es lag noch der Bronze drinnen an dem Tag, einzig Tizian und David, welche beide vor uns unterwegs waren, waren nochmals deutlich schneller. Schade hatte es Simon am Chasseral förmlich «abgestreift» an der Krete. Er hätte den gleichen Rang verdient…
Die Konvergenz. Oder so. Hauptsache es steigt
Es gab auch «normale» Segelflugbedingungen…
Und zum Schluss…
Noch viel besser als erwartet war diese JSM. Das hat einige Gründe: Erstens, 4 Wertungstage an 4 unsicheren Wetterlagen - dies ohne viele Aussenlandungen. Zweitens, der Teamflug von Simon Gantner und mir war schon ziemlich erfolgreich - nachdem wir an der SM 2016 in Schänis die letzten beiden Plätze belegten. Wir schauen zuversichtlich auf die Elite WM in Polen! Drittens, die Stimmung im Team der Junioren ist wie immer super. Schön sind wieder einige neue Piloten dabei - mit soliden Leistungen. Viertens, die Organisation war einfach nur top. Die Wettbewerbsleitung, die Infrastruktur, die Festwirtschaft und alle die Helfer haben einen grossen Applaus verdient! Zum Schluss, und zugegeben das freut mich doch schon noch sehr, dass ich es in meinem letzten Jahr doch noch zum Junioren-Schweizermeister geschaft habe :) Deshalb liebe Junioren - beginnt früh - mehr Chancen kriegt ihr nicht mehr ;-)
Das JSM Podest
Und das fast komplette Teilnehmerfoto.
Leider kann ich nicht mehr sagen "ich freu mich schon auf's nächste Jahr". Aber bestimmt werde ich an der RM teilnehmen, welche in der Regel parallel zur JSM ausgetragen wird.
Jonas Langenegger